Die Zulässigkeit von Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten in Europa

 

Die Möglichkeit der Errichtung von Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten in Deutschland ist nicht selbstverständlich. Andere Staaten eröffnen ihren Bürgern diese Möglichkeit nicht. Die Gründe hierfür liegen zum Großteil in dem Erhalt der freien Testierfähigkeit des Erblassers. Zu den Bindungswirkungen von Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten haben wir bereits jeweils einen Artikel verfasst. Daher ist die Frage, wie mit diesen deutschen Verfügungen im Ausland umgegangen wird und ob sie wirksam sind, umso interessanter.

 

Erbverträge

 

Erbverträge werden in Artikel 25 EuErbVO behandelt. Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b definiert den Erbvertrag als eine Vereinbarung "aufgrund gegenseitiger Testamente, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass oder künftigen Nachlässen einer oder mehrerer an dieser Verein­barung beteiligter Personen begründet, ändert oder entzieht."

Die Zulässigkeit und materielle Wirksamkeit unterliegt nach Artikel 25 Absatz 1 EuErbVO dem Erbrecht, das nach dieser Verordnung anwendbar wäre, wenn der Erblasser zu dem Zeitpunkt verstorben wäre, in dem der Erbvertrag geschlossen wurde. Treffen aber mehrere Personen in dem Erbvertrag letztwillige Verfügungen, muss der Erbvertrag nach jedem Heimatrecht der beteiligten Personen zulässig sein, Absatz 2.

Da nur wenige Staaten - abgesehen von Deutschland - einen Erbvertrag als zulässig erachten, können die beteiligten Personen auch eine isolierte Rechtswahl für den Erbvertrag treffen, Absatz 3. Ist eine Person Deutscher, steht hiermit ein Weg zur Wirksamkeit des Erbvertrags offen. Besonders zu erwähnen ist, dass ein vor Anwendbarkeit der EuErbVO errichteter Erbvertrag mit Rechtswahl durch Inkrafttreten der EuErbVO nachträglich wirksam wurde. Dies ist höchstrichterlich durch eine Entscheidung des BGH (Beschluss vom 10.7.2019 – IV ZB 22/18) bestätigt.

Art. 25 Abs. 3 EuErbVO ermöglicht es, das Recht zu wählen, nachdem sich die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkung eines Erbvertrages dann beurteilt. Art. 25 Abs. 3 EuErbVO verweist dabei auf Art. 22 EuErbVO, nach dem eine Person das Recht des Staates wählen kann, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes angehört. 

 

Gemeinschaftliche Testamente

 

Die Behandlung der gemeinschaftlichen Testamente ist umstritten. Teilweise wird das gemeinschaftliche Testament als Erbvertrag im Sinne der EuErbVO angesehen. Andererseits wird vertreten, die Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments richte sich nach den Voraussetzungen des einfachen Testaments nach Artikel 24 EuErbVO. Auswirkungen hätte dieser Streit bei der Rechtswahl.

Möchten mehrere Personen per Vertrag letztwillige Verfügungen treffen, könnte - nach der letztgenannten Ansicht - jeder für seine Verfügung nur das eigene Heimatrecht wählen. Eine Bindungswirkung kann nicht erreicht werden, wenn ein Heimatrecht eine solche verbietet oder gemeinschaftliche Testamente an sich für unzulässig erachtet. Eine Rechtswahl für das gesamte Testament ist nicht zulässig. Dies wäre nur über die oben dargestellte Regelung zum Erbvertrag nach Artikel 25 Absatz 3 EuErbVO möglich.

 

Folgerung für Erblasser

 

Der Streit ist bislang nicht richterlich entschieden. Praxisrelevant wird dieser Streit für deutsche Erblasser, wenn die Ehegatten verschiedene Nationalitäten haben und einer von ihnen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Dann kann ihnen nur geraten werden, einen Erbvertrag zu schließen und für dessen Zulässigkeit und Wirksamkeit deutsches Recht zu wählen. Dieser ist hinsichtlich seiner Behandlung mit mehr Rechtssicherheit verbunden.

 

 

 

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